Ironman Florida 2015 - Race Report

Ich reise ein paar Tage vor dem letzten großen Event in diesem Jahr in Floridas Nordwesten und genieße ein paar tolle und warme Tage in Panama City Beach. Wirklich viel los ist hier nicht. Wobei so ganz stimmt das nicht. Ich muss nur aus meinem Hotel rausgehen und befinde mich auf der Front Beach Road, die Straße, die ein Teil der Ironman-Strecke sein wird. Ständig sieht man hier Athleten, die die Straße in Aeroposition rauf und runter fahren. Klar, gehörte ich an zwei Tagen auch zu jenen Athleten ;-) Weiterhin konnte ich einen Teil der Laufstrecke laufend erkunden und zwei Schwimmeinheiten im Meer absolvieren. Etwas wovor ich wirklich große Angst hatte. Und grade das, das Schwimmen im Meer, war so eine unglaublich schöne Erfahrung. Das Reinlaufen ins Wasser, der Kampf mit den Wellen und dann einfach losschwimmen gegen die Strömung und mit der Strömung wieder zurück - man glaubt es kaum, aber letzteres ist tatsächlich etwas anstrengender. Wie mag es wohl sein in glasklarem Wasser zu schwimmen? Eine Frage die es ein anderes Mal zu klären gibt... Das Ironman Village befindet sich rund um das Braodwalk Beachresort. Die Messe ist recht übersichtlich und sehr schnell bekomme ich am Mittwoch meine Startunterlagen. Auch der Bike-Chek-In am Freitag vor dem Wettkampf läuft problemlos. Jetzt müsste morgen nur noch das Wetter mitspielen... 

Der Tag beginnt
Ich mache mich um 4:30 Uhr auf den Weg zum 2 km entfernten Broadwalk Beachresort. Auf dem Weg zu meinem Rad bekomme ich über Lautsprecher mit, dass das Wasser im Meer zu warm ist, und dass damit ein Neoverbot feststeht. Okay, hätte schlimmer kommen können, und zwar wenn aus der Veranstaltung wie im letzten Jahr ein Duathlon geworden wäre. Aber dafür gab es heute keinen Grund. Nachdem sich die Wettervorhersage für den 7.11.2015 ständig änderte, erwarteten wir heute perfekte Bedingungen mit einem ruhigen Ozean und einem leicht bewölkten Himmel bei 28 Grad. So habe ich mir einen Ironman in Florida jedenfalls vorgestellt. Ich fülle die Flaschen an meinem Rad auf, sorge für den richtigen Reifenluftdruck und wünsche den anderen deutschen Startern (unsere Räder hängen alle beieinander) viel Glück und Erfolg. Es ist 5:45 Uhr, Zeit die Wechselzone zu verlassen. Kurze Zeit später geht die Sonne auf und alle Athleten begeben sich zum Schwimmstart. Es gibt einen rollenden Start, was heißt, dass die Uhr bei jedem einzelnen mit dem Überschreiten der Startlinie startet und Startblöcke mit geplanten Schwimmzeiten. UND: Athleten, die nicht ohne Neo schwimmen wollen, dürfen nach allen anderen im Wetsuit ins Wasser steigen. Ich dachte, ich höre und sehe nicht richtig... Angeblich würden diese Athleten aus der Wertung fliegen, das ist nicht passiert, neben der offiziellen Ergebnisliste gibt es nochmal zwei Listen mit den Ergebnissen Wetsuit und Non-Wetsuit. Es sind tatsächlich 800 Athleten mit Neo geschwommen - für mich wäre das nie eine Alternative gewesen, wenn Neo-Verbot dann schwimmt man gefälligst auch ohne Neo. Nachdem eine amerikanische Schönheit den "Star-Spangled Banner" gesungen hat, ging es auch schon fast los.

Swim

Um 6:17 Uhr, 2 Minuten nach dem Startschuss, laufe  ich ins Wasser. Zweimal bin ich vorher im Meer geschwommen, beide Male hier und beide Male mit Neo. Aber auch ohne fühlt es sich gut an, Schwimmen im offenen Meer ein wunderbares Erlebnis am heutigen Tage. Es gibt 7 Bojen, bereits nach der dritten Boje schaffen es viele nicht, rechts an den Bojen vorbeizuschwimmen und kürzen ab. Ich umschwimme jede Boje, wie sich das gehört. Nach 51 Minuten steige ich aus dem Wasser - Anmerkung der Redaktion: nach der ersten Runde wohlgemerkt. Für mich vollkommen okay, die Situation ist jedenfalls nicht aussichtslos, also stürze ich mich nach kurzem Landgang wieder in die Fluten. Während des Landgangs wird Wasser gereicht, was ich dankend annehme um den Salzgeschmack aus meinem Mund zu spülen. Nach 2/3 der Strecke fällt mir das Schwimmen deutlich schwerer. So freue ich mich, dass ich nach 1:44 h das Wasser verlassen kann. Ich greife einen Becher Wasser, versuche wieder den Salzwassergeschmack aus meinem Mund zu bekommen und laufe in die T1, 3036 ruft jemand, jemand anderes reicht mir umgehend meinen Wechselbeutel. Ich laufe in die Halle, ziehe Socken, Schuhe und Helm an.

Bike 

Dann schnappe mir mein Rad und verlasse kurze Zeit später die Wechselzone. Dass das alles über 7 Minuten gedauert haben soll, kommt mir sehr lang vor - schneller wäre es wirklich nicht möglich gewesen. Ich steige auf mein Rad, es fühlt sich anders an als sonst. Ich habe das Gefühl auf einem fremden Rad zu sitzen, es fühlt sich so unglaublich kompakt an. Ein Blick nach unten, bestätigt mir, dass es tatsächlich mein Rad ist. Viele rollen den ersten Kilometer recht langsam los, zu zweit oder sogar zu dritt nebeneinander. Nachdem ich mir etwas Platz verschafft habe, fahre ich die ersten Kilometer auf der Front Beach Road beflügelt los. Die Beine fühlen sich gut an. Nach 10 Kilometern biegen wir nach Norden auf die Bundesstraße 79 ab, auf den nächsten 20 Kilometern bis nach Ebro gab es leichten Gegenwind. Ich freute mich nach 55 Minuten auf die Bundesstraße 20 abbiegen zu können, rechts und links Nadelwälder es ist ein wenig windgeschützt. Meine Beine rotieren wie ein Schweizer Uhrwerk, ich freue mich. Nach 60 Kilometern zeigt die Uhr 1:50 Stunden an. Läuft :-) Ich bemühe mich wirklich rund zu treten, um beide Fußballen ständig zu entlasten - zu groß ist die Angst, wieder diesen plötzlich auftretenden Schmerz in den Fußballen zu spüren. Halbzeit: 90 Kilometer schmerzfrei in 2:43 Stunden geschafft. Immer wieder überholte ich Athleten und hörte öfter "fast girl" - das tat so unglaublich gut und beflügelte mich immer mehr, bis Kilometer 112. Wir bogen wieder auf die auf die Bundesstraße 79 gen Norden ab, Gegenwind - stärker als heute Morgen. Nach 131 km dann der Wendepunkt, 50 km fast nur noch rollen lassen. Leichter Nieselregen ist eine willkommene Abkühlung (nur nicht für die Füße, die sind sofort nass ;-)  Auf den letzten 10 km versuche ich nicht mehr mit ganz so viel Druck zu fahren. Dann, nach 180 km und 5:32:38 Stunden komme ich wieder am Broadwalk Beachresort an und diesmal konnte ich tatsächlich zu 95 % in Aeroposition fahren. Ich freue mich riesig über die Radzeit - der Lohn für die vielen schönen Radkilometer in diesem Jahr :-) Das Rad wird mir abgenommen. Wieder bekomme ich direkt meinen Beutel angereicht und laufe in die Wechselhalle. Ich wechsel in ein trockenes Paar Socken und in meine Laufschuhe und verschwinde noch schnell auf dem Dixie - das erklärt auch den Wechsel von fast 8 Minuten ;-)

Run

Dann laufe ich los, ich will es langsam angehen lassen. Es ist sehr warm, ich versuche langsam aber flüssig zu laufen. Die Beine tragen mich, aber irgendwann will der Kopf nicht mehr. Wir laufen die Lagoon Road entlang, eine niedliche Straße in einer Wohnsiedlung. Es gibt Stimmungsnester und Verpflegungsstationen. Die 10,5 km-Wende ist im St. Andrews Park. Ich schaffte es nicht durchzulaufen. Ich unterhielt mich mit einer Schweizerin und wurde im Park sogar von Ken Glah, (heute als Zuschauer), angefeuert. Der Weg zurück war sehr mühselig. Nach langen 2 Stunden 30 bin ich in die zweite Runde gestartet. Die Sonne ging langsam unter (Sonnenuntergang 16:52 Uhr) und es wurde wesentlich angenehmer. Also einen lockeren Halbmarathon laufen redete ich mir ein. Ich versuchte mich an die langen Läufe zu Hause zu erinnern, das half nichts. Ich hatte von Anfang an eine Blockade in meinem Kopf. Mittlerweile gab es viele Athleten die im Wechsel gegangen und gelaufen sind - nach 38 Kilometern lernte ich einen amerikanischen Athleten kennen. CJ und ich sind dann den Rest der Strecke zusammen gelaufen. Die gegenseitige Motivation und netten Gesprächen hat uns beiden gut getan, so konnten wir recht flüssig in den Zielkanal einlaufen. Auf der Zielgeraden trennten wir uns, JC herzte seine Frau und Freunde, die am Rand standen und ich genoss es, alleine umjubelt von so vielen fremden Menschen durch den Zielkanal über die Ziellinie einzulaufen. Es gab nur einen kurzen Blick auf die Uhr, wow. Dann wurde ich auch schon zur Seite gezogen. Geht's Dir gut? Brauchst Du medizinische Hilfe? Welche T-Shirt-Größe? Ich weiß nicht mehr so genau, was ich geantwortet habe, Wasser und ein T-Shirt in der richtigen Größe habe ich jedenfalls bekommen ;-) Ich setzte mich auf den nächsten Stuhl und freute mich über das Finish, ich war überglücklich. Danach holte ich meine drei Beutel ab und ging zum Finisher Buffet. Es gab Pizza in Pappkartons ;-) und Obst. Außergewöhnlich, wie ich fand - aber sehr gut und sogar noch warm. Hier am Pool kam ich mit Marc aus New York ins Gespräch. Irgendwann entschied ich mich die Finish-Area zu verlassen und das Bike auszuchecken. Glücklicher Weise waren es nur 2 km bis zum Hotel. Ich freute mich auf eine Dusche und mein Kingsize-Bett. Ich träumte von einem Finish beim Ironman Florida in 12:43:51 Stunden ;-) 

Fazit
Nachdem ich den Startplatz für den Ironman Florida in der Tasche hatte, hatte ich plötzlich dieses unwohle Gefühl. Wollte ich das wirklich? Schon wieder den kompletten Herbst durchtrainieren? Ich hatte Zweifel. Aber das Training lief wirklich gut. Ziel war es die Form bis Anfang November einfach nur aufrecht zu halten, am Wettkampftag das Schwimmen zu überleben, einen guten Radsplit zu fahren und einen ordentlichen Marathon zu laufen. Leider ist mir letzteres mit 5:10 Stunden wieder nicht gelungen. Dennoch bin ich sehr glicklich über das Finish und die Entscheidung am Iroman Florida teilgenommen zu haben. So kann ich die Saison mit einer Bestzeit beenden und die Pause genießen. Irgendwann wird es wieder mit dem Grundlagenausdauertraining losgehen, denn 2016 heißt es "Road to Roth" - ich kann einfach nicht mehr ohne... Auf dem Weg dorthin wird es selbstverständlich auch wieder eine Berichtserstattung geben. Ich wünsche meinen Lesern eine schöne und sichere Adventszeit :-) 

Fotos: (c) IRONMAN 

Hier gibt es meine Fotos ;-) 



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