Ironman Mallorca 2016 - Race Report

Pre Race Report
Da es im letzten Jahr recht gut mit einer zweiten Langdistanz geklappt hat, wollte ich auch in diesem Jahr ein zweites großes Rennen wagen. 2015 lagen zwischen Ironman Frankfurt und dem Ironman in Florida im November 4 Monate - eine sehr lange Zeit und grade im Oktober fiel mir das Training sehr schwer (Motivation und weniger Möglichkeiten.) Daher war klar, dass ich in diesem Jahr nicht so lange warten wollte, wenn nach der Challenge Roth tatsächlich noch genügend Energie und Motivation da sein würde. Somit fiel die Entscheidung erst auf den Zeitraum und dann auf den Ort. Theoretisch kamen nur zwei Rennen in Europa in Frage. Die finale Entscheidng ist dann aber sehr schnell auf Mallorca gefallen ;-) Fest gemacht habe ich alles dann aber erst 4 Wochen vor dem Rennen, da man auf Mallorca bis kurz vorher auch noch Startplätze bekommt. Ich liebe Mallorcas Süden - nun sollte es aber Ende September für ein paar Tage in den Norden nach Alcúdia gehen.

    
 

Mit dem Rad hatte ich hier die Möglichkeit neue Strecken kennenzulernen und bin auch Teile der Ironman-Strecke abgefahren. Flach, wellig und schnell - bis km 110, dort sollte der ca. zehn Kilometer lange Anstieg auf den Coll de Femenia beginnen. Das wusste ich vorher und da musste ich jetzt durch. Zu Hause hatte ich die Möglichkeit lange Radausfahrten in mein Training einzubauen, aber Höhenmeter konnte ich in der letzten Zeit keine mehr sammeln. Trotzdem habe ich mich sehr auf die Radstrecke und auf das gesamte Rennen gefreut. Bekanntlich ist die erste Disziplin beim Triathlon aber das Schwimmen - meine Schwachstelle. Diesmal wollte ich es besser machen als vor 10 Wochen in Roth, daher war ich wirklich sehr oft (1 - 2 x in der Woche) schwimmen, mit Neo im See oder habe im 50 Meter-Becken meine Bahnen gezogen. Grade im Urlaub am Genfer See und in Ligurien hat mir das Schwimmen viel Freude bereitet. Auch in den letzten Tagen vor dem Rennen in der Bucht von Alcúdia. Fast schon war ich etwas enttäuscht, wie ruhig das Wasser hier war (ganz anders als in Florida letztes Jahr...) Schnell noch etwas zur letzten Disziplin, dem Laufen. Davor hatte ich natürlich wieder gehörigen Respekt. Es müssen 4,5 Runden durch den Ort Port d'Alcúdia gelaufen werden. Eigentlich nichts außergewöhnliches, aber wenn man sich nicht ausreichend vorbereitet fühlt (28, 32, 24 km - meine langen Läufe), kann das ein sehr langes Unterfangen werden...

Race Report - Raceday!
Als wir morgens um kurz nach 6 Uhr das Hotelzimmer verließen, fragte ein Gast ob ich meinen Neo dabei hätte. Ich verneinte, da gestern in der Wettkampfbesprechung ausdrücklich gesagt wurde, dass es ein Neoverbot gibt. Seine Antwort war, dass das Neoverbot aufgehoben wurde. Skeptisch ging ich zurück ins Zimmer und warf den Neo über den Arm, immer noch im Glauben heute ohne Neo zu schwimmen. In der Wechselzone angekommen, dann die Bestätigung "Neo legal". Ok, also sollte ne Stunde dreißig drin sein. Schnell das Rad mit Getränken befüllt und dann Richtung Schwimmstart gegangen. Ich hatte noch Zeit mich einzuschwimmen und den Start der Pro Männer um 7:30 Uhr und den der Pro Frauen 2 Minuten später zu sehen. Meinen After Race Beutel, den Jörg für mich abgeben wollte, sind wir leider nicht losgeworden, denn diesen durfte nur der Athlet selber abgeben (wtf?) 

     

Swim
Für mich war es bereits der zweite Rolling Start (im Gegensatz zum Massenstart), eine Regelung, die mir als schlechtem Schwimmer entgegen kam. Ich reihte mich in die 1:20 - 1:30 Stunde Startbox ein. Mit überqueren der Zeitmessmatte begann er dann auch, um 7:48 Uhr, der zweite "längste Tag" des Jahres. Und er begann sogar richtig gut, ich hatte ein gutes Wassergefühl und überholte auch direkt ein paar Athleten. Ich hatte jedes Zeitgefühl verloren und wollte wirklich erst beim Landgang nach 2,4 km auf die Uhr schauen. 55 Minuten - klingt gut, also nur noch schnelle 1,5 km ;-) Am Ende waren die etwas langsamer, aber mit 1:29:35 Stunden war ich wirklich sehr zufrieden. Bekannter Blick in die Wechselzone, mein Rad war von weitem schon sehr gut zu erkennen ;-) Der Wechsel erfolgte reibungslos und so schnell es ging. Einen kleinen Fehler machte ich, als ich vor der weißen Linie aufsteigen wollte (seit wann darf man denn erst nach der weißen Linie aufsteigen?) Ok, will ich mal nicht so sein und keine gelbe Karte riskieren ;-)

      

Bike
Ich fahre aus der Wechselzone und überhole die ersten Athleten, auch eine bekannte Begebenheit. Warum fahren die denn so langsam? Die Straße ist lang, breit und flach. Nach 10 km wird es wellig. Es geht den Schweineberg nach Arta hoch. Jetzt kenne ich ihn auch endlich, aber warum heißt er so? Weil es sein kann, dass die Kette beim Schalten abspringt und man vom Draufziehen schmutzige Finger bekommt? Keine Ahnung und kein Scherz - genauso passiert ;-) Ok, ab sofort etwas gefühlvoller Schalten. Die ersten 30 km sind geschafft und ich bin etwas länger als eine Stunde unterwegs. Kurz vor dem Abzweig in Sineu, bei dem es auf eine 15 km Runde geht, steht Jörg und feuert mich an. Diesen Rundkurs zu fahren macht Spaß, es geht abschüssig los und nach mehreren Wellen kommt man wieder in Sineu an. Es geht weiter Richtung Norden, in Muro kommt man in den Genuss einiger Rampen. 90 km vergehen fast wie im Flug, jetzt kommt ein schöner Abschnitt zwischen Alcúdia und Pollenca, man fährt direkt an der Bucht mit Blick aufs Meer entlang. Diese Fahrt genieße ich sehr. 15 km später beginnt dann aber auch schon der Anstieg auf den Coll de Femenia. Ein Schild zeigt 7,7 km und 5,6 % an. Von meiner Autofahrt einen Tag zuvor, weiß ich, dass es ca. 10 km sind, bis es wieder bergab geht. Pünktlich zum Anstieg fängt es an zu regnen. Ich genieße den warmen Sommerregen. Es regnet mehr, ich genieße es immer noch. Ich werde überholt, aber das macht mir nichts. Es hört auf zu regnen als ich den höchsten Punkt passiere. Noch zwei km bis es wieder runtergeht. Mir ist kalt, ich fange an zu frieren. Schnell blende ich die Kälte aus, es geht auf die Abfahrt, glücklicher Weise ist die Straße trocken, gefühlt wird es mit jedem Meter auch wieder etwas wärmer. Ich fahre die Abfahrt konzertiert und kontrolliert mit einigen Athleten hinunter. 120 km sind geschafft, noch zwei Stunden denke ich mir. In Campanet sehe ich Jörg am Straßenrand und winke ihm zu. Kurz danach bei km 140 fängt es wieder an zu regnen. Diesmal freue ich mich nicht... War doch alles grade getrocknet *grrr*, es folgt ein überwiegend flacher Abschnitt. Ich Klappe das Visier hoch, gebe Gas und überhole Athleten. Nach einer guten Stunde hört der Regen auf. Ich fahre im Trockenen nach 6:31:27 Stunden in die Wechselzone. Auch mit der Radzeit war ich sehr zufrieden, ungefähr so hatte ich meine Leistung auf dieser Strecke eingeschätzt.

     

Run
Nach 8 Stunden und 13 Minuten bin ich in die Laufschuhe gewechselt. Was denkt der gemeine 13-Stunden-Finisher da? Richtig: 4:45 Stunden für den Marathon! Was dann aber passiert ist, kann ich immer noch nicht glauben... Beim Loslaufen habe ich ein unglaubliches Gefühl, ich fühle mich ausgeruht und fliege über den Asphalt. Stopp! Zu schnell! Es fällt mir unglaublich schwer eine Pace um 5:45/5:50 zu laufen. Nach drei Kilometern schaffe ich es. Ich mache nun das, was Jörg zur Weißglut bringt, wenn wir zusammen laufen. Ich laufe ein gleichmäßiges Tempo, 5 km lang, 10 km lang. In Roth kam die erste kurze Gehpause bei km 13. Km 13? In Alcudia? Den gab es gar nicht. Ehe ich mich versehe passiere ich km 15. Ich stelle mir vor, ich laufe einen Halbmarathon (so wie in Almere vor zwei Wochen, flüssig und ohne Gehpausen) und danach laufe ich einfach noch einen. Und tatsächlich passiere ich problemlos die 21 km-Marke nach etwas mehr als zwei Stunden. Jörg sehe ich auf dem 9 km-Rundkurs sehr oft (nicht so oft wie letztes Jahr in Frankfurt), er hat immer die richtigen Worte auf Lager. Als ich ihm zurufe; 32 km und ich laufe immer noch, amüsiert das nicht nur ihn, sondern auch andere deutsche Zuschauer. Ein großer Meilenstein für mich war es die 30 km-Marke innerhalb von drei Stunden zu passieren. Wenn ich das nächste Mal an genau diesem Wendepunkt (km 3, km, 12, km, 21, km 30...) vorbeikommen würde, würde ich 39 km auf meiner Uhr stehen haben und nach drei weiteren Kilometern könnte ich ins Ziel laufen. Was soll ich sagen? Fast genauso war es auch. Nur gönnte ich mir auf den letzten 1,5 Runden drei Gehpausen an den Verpflegungsstellen. Ungefähr eine halbe Stunde bevor ich ins Ziel einlaufe, wird es dunkel. Nach 42,1 km wird der Boden auf dem ich jetzt laufe auf einmal schwarz, die "M"-dots leuchten rot. Rechts und links im Zielkanal immer wieder der Schriftzug IRONMAN, ich erkenne Jörg und biege noch einmal auf die letzten 50 Meter ab, Flutlicht, das große rote "M" auf dem Zielbogen. Ich will gehen, ich will genießen. Ich kann nicht gehen, ich LAUFE, ich GENIESSE. Ich bin erleichtert. Ich bin im Ziel. Ich bin glücklich. Ich blicke auf meine Uhr und sehe folgende Zahlen: 12:30. Ich bin fassungslos, über die Gesamtzeit, über meine Marathonzeit. Ich bin heute tatsächlich einen Marathon gelaufen, in 4:17:41 Stunden. Im fünften Anlauf hat es nun endlich geklappt, dass ich einen Marathon (weit unter fünf Stunden) gelaufen bin.

    

Fazit
Ich bin mit überhaupt keinen Erwartungen nach Mallorca gefolgen - naja vieleicht schon mit der Erwartung unter 13 Stunden zu finishen und einen schönen Wettkampf zum Ende der Saison zu haben. Der Renntag fing dann direkt mit der ersten Überraschung an, neue Bestzeit beim Schwimmen - darauf bilde ich mir aber nichts ein. Eine Stunde dreißig ist nicht der Brüller und wäre ohne Neo auch nicht möglich gewesen. Es war schön bei einem Wettkampf wieder im Meer zu schwimmen und diesen salzigen Geschmack im Mund zu haben ;-) Bei der Radstrecke, die nicht wirklich viel mehr Höhenmeter (laut Veranstalter 1.400 Meter) als Frankfurt oder Roth hat, aber einen für mich anspruchsvollen Anstieg, wollte ich wissen, wie ich damit klarkommen würde. Natürlich hat mich das Hochfahren körperlich und geistig ein Stück zurück geworfen, aber dem anschließendem Marathon hat es nicht geschadet. Natürlich habe habe ich damit gerechnet, dass beim Marathon irgendwann der Mann mit dem Hammer kommen würde. Er kam nicht, klar wurden die Beine am Ende schwerer, aber Energie und Wille waren da, um das Ding im Laufschritt zu Ende zu bringen. Kann mich mal jemand kneifen? Ich kann's immer noch nicht glauben :-)

    



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