Meine erstes Ironman 70.3-Rennen/meine zweite Mitteldistanz in Remich am 15.06.2014

 

Wie schon im letzten Jahr kurz vor dem Berlin Marathon fühlte ich mich in den letzten 2 Wochen vor diesem Wettkampf wie ein Rennpferd, dass endlich aus seiner Startbox gelassen werden wollte. Ich habe in den letzten Monaten viel trainiert und bei den Ligawettkämpfen auf den kürzeren Distanzen meine diesjährigen Triathlon-Erfahrungen sammeln können und wollte nun endlich wissen, was auf der Mitteldistanz (1,9 km Schwimmen, 90 km Rad und 21,1 km Laufen) möglich war. Die Entscheidung für die MD viel Anfang des Jahres auf Luxemburg, da das Rennen zeitlich gut in meine Roth-Vorbereitung passen würde. 

Demnach ging es Freitag nach einem halben Tag Arbeit in drei Stunden mit dem Auto nach Remich in Luxemburg. Empfohlen wurde für die Wettkampfbesprechung und den Bike-Check-In, sowie für den Wettkampftag ein 4 km entfernter Parkplatz, von dem aus Shuttlebusse zum Eventgelände fahren würden. Diesen nutze ich allerdings nicht, da ich an beiden Tagen Glück hatte und direkt am Eventgelände parken konnte - ganz ohne VIP-Ausweis ;-) Grade rechtzeitig kam ich am Freitag zur Wettkampfbesprechung an, die auf einem Schiff, direkt an der Mosel, gehalten wurde. Für viele Athleten die wichtigste Info an diesem Tag: die Mosel hatte 22,5 Grad und es durfte im Wettkampf mit Neo geschwommen werden. Nach der Besprechung holte ich meine Startunterlagen (Startnummer 180, Zufall? Schicksal? Ironie?) und den Eventrucksack ab. Danach wurde es Zeit das Pony startklar zu machen und einzuchecken. Unser Platz lag direkt gegenüber von den Profis, also erst einmal Carbonbesichtigung :-) Jeder Teilnehmer erhielt eine gelbe Powerbar-Schutzhülle fürs Rad (die hätte ich letztes Jahr in Almere gut gebrauchen können, da es die ganze Nacht geregnet hatte und der blaue Flitzer dem Regen ausgeliefert war.) Es war zwar kein Regen in Sicht, aber Black Beauty sollte die Nacht dann doch geschützt verbringen. Die Open-Air Triathlon-Messe war recht übersichtlich - bis auf einen neuen Visor konnte ich mich diesmal gut zurückhalten ;-) Ab 19:00 Uhr lagen drei Schiffe für die Pasta-Party vor Anker. Eigentlich eine ganz nette Aufmachung, allerdings wurde die Pasta in drei verschiedenen Versionen und mit drei verschiedenen Saucen in Papp-Boxen ausgegeben. Für Teilnehmer inklusive, für die Begleitung dürfte man stolze 20 Euro zahlen. Dazu gab es eine 0,33 Liter-Flasche Wasser und Nachschlag soviel man wollte. 1 x reichte mir, danach ging es erst einmal ins 20 km entfernte Hotel an den Flughafen von Luxemburg. Nachdem ich mir alles für den morgigen Tag zurecht gelegt hatte, ging ich früh schlafen, obwohl ein langes Ausschlafen am nächsten Morgen möglich gewesen wäre. Start des Rennens sollte um 13:00 Uhr sein. 10 Minuten nach den Profi-Männern und 8 Minuten nach den Profi-Frauen, würde es um 13:10 für alle Frauen losgehen. Da ich auf meinen Parkplatz von gestern nicht verzichten wollte, war ich bereits um 10:00 Uhr wieder am Ort des Geschehens. 

Der Einlass in die Wechselzone war erst ab 11:30 Uhr gestattet, daher ging es mit einem Athleten aus dem Rheinland, den ich zuvor kennengelernt hatte, auf einen Latte Macchiato ins Café. Mit Triathlon-Fachgesprächen konnten wir die Zeit recht angenehm überbrücken bis es zu den letzten Vorbereitungen am Rad ging. Als erstes überprüfte ich die Schlauchreifen, und hoffte dass sie am heutigen Tag halten würden - getreu dem Motto: "no risk, no fun" hatte ich keinen geklebten Ersatzschlauch dabei - bike24 hatte leider nicht pünktlich geliefert... Sollte ich das Rennen, aufgrund einer Reifenpanne nicht beenden können, könnte ich denen wohl kaum einen Vorwurf machen, sondern nur mir für meine Leichtsinnigkeit. Mit frisch aufgepumpten Reifen und genügend Verpflegung am Rad konnte ich die Wechselzone nach einem kurzen Mittagssnack mit dem Neo überm Arm verlassen. Ein Einschwimmen in der Mosel war nicht möglich, aber im nahegelegenen Schwimmbad. Hoffentlich würde auch der Neo halten, denn beim ersten Freiwasserschwimmen vor einer Woche hatte ich einen kleinen Riss, sowie weitere kleine Beschädigungen in der oberen Schicht entdeckt und diese notdürftig, aber wie ich fand sehr professionell geklebt. Liebe Neoprenhersteller, das kann doch nicht Euer Ernst sein, dass der Anzug nur eine Saison halten soll!? Der Anzug hat den Winter hängend im Schrank verbracht und die Fingernägel sind beim Anziehen auch immer ordentlich gestutzt gewesen. Ich werde mir dieses Jahr jedenfalls keinen neuen Neo kaufen ;-) Sorry...

Jetzt aber; Start des Rennens: 

Das Einschwimmen war gut, 200 m zum Lockern der Arme und Beine sollten mir reichen, so dass ich pünktlich zum Start der Pros auf der anderen Straßenseite an der Mosel stehen konnte. Nach den beiden Starts der Profi-Männer und Frauen, durften sich auch die restlichen Frauen, einheitlich mit pinken Badekappen ausgestattet, ins Wasser begeben. Die Wassertemperatur war tatsächlich angenehm, allerdings konnte man keinen Meter weit schauen, so braun war die Suppe in der Mosel - aber wir waren ja nicht zum Spaß hier, oder doch? Nach dem Startschuss ging es ohne großes Gedrängel los, aber recht schnell entzog sich das Feld. Mein Ziel war es, das Schwimmen so gut wie möglich zu überstehen, so habe ich stets versucht in einem guten Rhythmus zu schwimmen. Immer wieder der Blick nach vorne; schwamm ich noch in die richtige Richtung? Warum war die Wendepunkt-Boje noch so weit entfernt? Warum kam sie nicht näher? Wir schwammen doch grade mit der Strömung, ich hatte das Gefühl, dass es gar nicht voran ging... Nach Erreichen der Boje fühlte ich mich gut und beim Schwimmen gegen die Stöumung änderte sich glücklicherweise auch nichts. Die Strömung (war wie vorher gesagt) kaum zu merken. Bei einem kurzen Blick nach links sah ich pinke Badekappen, also noch ein paar Mädels, die die Boje umschwimmen mussten. Auch unmittelbar rechts und links neben mir Mädels mit pinken Badekappen, das war ein gutes Gefühl. Mit denen würde ich die zweite Hälfte einfach bis zum Ziel schwimmen. Irgendwann tauchte eine weiße Badekappe auf, man war die schnell. Dranbleiben!!! - leider zwecklos. Es zogen weitere weiße Badekappen an mir vorbei, ich bin mein Tempo einfach weiter geschwommen. Kurz vorm Ausstieg dann, dichtes Gedränge. Egal, ich hatte nur einen Gedanken: Yeah - die erste Disziplin war geschafft! Der Blick auf meine Uhr zeigte mir: "Multisport starten" - War das jetzt ne Frage - oder ein schlechter Scherz? Ich war verwirrt, auch nach einem unkontrollierten Herumgedrücke wollte mir die Uhr meine Schwimmzeit nicht verraten (ich hatte die Uhr 30 Sekunden vor dem Start aktiviert.) Sch**ß drauf, blauen Beutel gepackt, Neo aus, Radschuhe an, Neo in den Beutel und aufs Rad.

Während „meine“ Schwimmerinnen genau wie ich mit ihren Rädern durch die Wechselzone sprinteten, blickte ich doch etwas verdutzt rein, als ich sah wie lange die Mädels fürs Aufsteigen und Losrollen benötigten. Ich glaube, dass ich  direkt am Bike-Start 5 Frauen hinter mir gelassen hatte. Los ging es auf der gesperrten Radstrecke, raus aus Remich und 25 km entlang der Mosel bis in den Ort Grevenmacher. Hin und wieder konnte ich auch hier wieder ein paar schnellere Schwimmerinnen überholen - den ein oder anderen Herrn musste ich leider passieren lassen. Auf Höhe des Örtchens Ahn kamen uns bereits die Profis und schnelle Altersklassen-Athleten entgegen. Die Wende verlief dann großzügig durch den Ort Grevenmacher, es ging durch enge Gassen und über Kopfsteinpflaster, bis es dann gute 15 km den selben Weg zurück ging. Bis km 40 hatte ich ein ordentliches Tempo drauf und hatte die Strecke in 1:08 Stunden zurückgelegt. Ich fühlte mich so gut, aber ich wusste auch was jetzt kommen sollte, 820 Höhenmeter. Ich habe mich sowas von darauf gefreut. Nun kam aber erst einmal die eine Verpflegungsstation (die ließ ich aus, ging ja bergauf) unmittelbar vor dem ersten Anstieg, hier galt es erst einmal ordentlich in die Pedale zu treten. Fortan sollte die Radstrecke für die nächsten 40 km recht wellig (wie der gemeine Radfahrer zu sagen pflegt) sein. Es gab schöne Anstiege und noch schönere Abfahrten, selbst an den Anstiegen gelang es mir sogar Athleten sowie Athletinnen zu überholen. Da hatte sich das geheime Kraftausdauer-Training in Grevenbroich wohl doch gelohnt ;-) Ein wenig Acht musste man nach den Abfahrten schon geben, da diese oft in einer 90 Gradkurve und gelegentlich auch wieder mit einem neunen Anstieg endeten.

Die letzten Hügel führten durch Frankreich, bevor es durch Schengen wieder recht flach nach Remich zurückging. Es war eine wunderschöne Radstrecke, die durch schattige Waldstraßen, über mit Bäumen gesäumte Alleen, vorbei an kleinen Ortschaften und durch weite Getreidefelder führte. Hinzu kam das Bombenwetter, die Sonne strahlte bei angenehmen 23 Grad. Das allerschönste war aber, dass ich den Radsplit, wie ich es mir vorgenommen hatte, knapp unter 3 Stunden beenden konnte.

Nun hieß es schnell das Rad wegstellen und in die Laufschuhe schlüpfen. Aus der Wechselzone raus, ging es direkt auf die flache 7 km Wendepunkt-Strecke entlang der Mosel. Meine Radzeit hatte ich in der gewünschten Zeit geschafft, aber wie schnell ich geschwommen war, wusste ich immer noch nicht - eigentlich auch uninteressant, dennoch fand ich jetzt im Moment eine Uhrzeit recht interessant. Ich wollte wissen, ob ich mein Ziel unter 6 Stunden zu finishen schaffen könnte. Gab es hier auf dem Marktplatz nicht eine große Uhr? Ja, die gab es; 17:05 Uhr. Um 13:10 Uhr war der Start im Wasser. 2:05 Stunden für dem Halbmarathon, maximal. Theoretisch machbar, aber auch nach 90 km Rad? Ich wusste, dass ich Gas geben musste, also habe ich das getan. Die erste Runde war angenehm, allerdings folgte mein Blick immer den Personen, die mich grade überholten; ah… auch noch kein Bändchen am Arm, also erste Runde, oh…  schon zwei Bändchen am Arm, cool dann darfst du gleich ins Ziel laufen. Ich versuchte einfach nicht darüber nachzudenken… Alle drei Kilometer nahm ich die Verpflegungsstation mit, ein Wasser für den Durst und ein Wasser für den Kopf. Schwämme? Schwämme, waren auch gut. Mit meiner 10 Kilometerzeit war ich recht zufrieden, 56 Minuten. Als es in die dritte Runde ging, bin ich einfach nur noch gelaufen, die Uhr zeige auf den letzten drei Kilometern eine Pace von 6:30 an, so kam ich dann doch in die Verlegenheit ein Powerbar Hydrogel zu öffnen, ich wollte doch auf den Rad viel mehr essen… Egal, Endspurt, der Halbmarathon war noch unter 2 Stunden drin, wenn nichts mehr passieren würde... Links ging es in die nächste Runde, ich entschied mich für rechts, streckte meinen Arm aus, nahm das grüne und somit dritte Bändchen in Empfang, Zielgerade, Zielsprint, der markante Zielbogen mit dem roten M – soeben bin ich durchgelaufen, glücklich und überwältigt. Der Blick auf meine Uhr verriet mir 18:56 Uhr – Ziel erreicht. Als mir dann noch jemand 5:49 irgendwas zurief, war ich vermutlich der glücklichste Mensch in diesem Moment und an diesem Tag. Racing with passion - I did it! Das war heute MEIN Rennen!

Nach dem Rennen traf ich Andreas wieder, er konnte sein Rennen leider nicht beenden. Gemeinsam gingen wir dann noch etwas essen. Im direkten Zielbereich gab es eine Flasche Wasser und die Finisher-Medaille. Im Freibad gab es das Finisher-Shirt, sowie die Finisher-Verpflegung. Ich freute mich auf eine kalte Cola und was Leckeres zu essen. Die Coke habe ich bekommen, aber das Essen hat mich nicht wirklich umgehauen, es gab Erbsen- und Linsensuppe, wieder Nudeln mit Fleisch und frisch gegrillte Burger. Ich entschied mich für letzteres, aber eigentlich hatte ich gar keinen Hunger... Andreas machte sich wieder auf den Weg nach Hause und ich suchte den Weg zu den Duschen. Den Abend ließ ich dann mit der 2. Halbzeit des Deutschland-Spiels im Hotel ausklingen, bevor es für mich am Sonntagmorgen wieder nach Hause ging.

Fakten:

Erst am Sonntag erfuhr ich aus dem Internet meine tatsächliche Finisherzeit von 05:46:13 und die Splits: 

 Split Name  Distance  Split Time Race Time       Pace Division RankGender RankOverall Rank
     Swim    1,9 km   00:46:16   00:46:1602:23/100 m          38      179     1365
      Bike  90,1 km   02:56:33   03:47:4530,62 km/h          26      113     1094
      Run  21,1 km   01:56:19   05:46:1305:31/km          25      114     1059
        
 T1 swim to bike  00:04:56     
 T2 bike to run  00:02:09     

Gewonnen hat das Rennen der Belgier Marino Vanhoenacker in 3:47:74 Stunden, gefolgt von Nils Frommhold und dem Vorjahressieger Axel Zeebroek. Die schnellste Frau kam nach 4:17:03 ins Ziel - ich verzichte hier auf ihren Namen. Niclas Bock hat einen schönen Bericht darüber geschrieben (http://tri-mag.de/aktuell/langstrecke/dopingsuender-und-ihre-rueckkehr-61439) -  volle Zustimmung insbesondere beim letzten Absatz. Im Vorfeld freute ich mich eigentlich darauf mit den deutschen Profi-Athleten Anja Beranek und Timo Bracht an den Start gehen zu können, die ich ebenfalls in Roth wiedersehen würde - doch beide hatten ihren Start kurzfristig abgesagt. Für mich war es ein toller Tag und ich freue mich auf das, was dieses Jahr noch kommen wird. 



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