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  Pre Race Report
  Da es im letzten Jahr recht gut mit einer zweiten Langdistanz geklappt   hat, wollte ich auch in diesem Jahr ein zweites großes Rennen wagen.  2015 lagen zwischen Ironman Frankfurt und dem Ironman in Florida im   November 4 Monate - eine sehr lange Zeit und grade im Oktober fiel  mir  das Training sehr schwer (Motivation und weniger Möglichkeiten.)  Daher  war klar, dass ich in diesem Jahr nicht so lange warten wollte, wenn  nach der Challenge Roth tatsächlich noch genügend Energie und Motivation  da sein würde. Somit fiel die Entscheidung erst auf den Zeitraum und  dann auf den Ort. Theoretisch kamen nur zwei Rennen in Europa in Frage.  Die  finale Entscheidng ist dann aber sehr schnell auf Mallorca gefallen  ;-) Fest  gemacht habe ich alles dann aber erst 4 Wochen vor dem  Rennen, da man auf Mallorca bis kurz vorher auch noch Startplätze  bekommt. Ich liebe  Mallorcas Süden - nun sollte es aber Ende September  für ein paar Tage in den  Norden nach Alcúdia gehen.
 
      
 
Mit  dem Rad hatte ich hier die Möglichkeit  neue Strecken kennenzulernen  und bin auch Teile der Ironman-Strecke  abgefahren. Flach, wellig und  schnell - bis km 110, dort sollte der ca.  zehn Kilometer lange Anstieg  auf den Coll de Femenia beginnen. Das wusste ich  vorher und da musste  ich jetzt durch. Zu Hause hatte ich die Möglichkeit  lange Radausfahrten  in mein Training einzubauen, aber Höhenmeter konnte  ich in der letzten  Zeit keine mehr sammeln. Trotzdem habe ich mich sehr  auf die  Radstrecke und auf das gesamte Rennen gefreut. Bekanntlich ist  die  erste Disziplin beim Triathlon aber das Schwimmen - meine   Schwachstelle. Diesmal wollte ich es besser machen als vor 10 Wochen in   Roth, daher war ich wirklich sehr oft (1 - 2 x in der Woche) schwimmen,   mit Neo im See oder habe im 50 Meter-Becken meine Bahnen gezogen.  Grade  im Urlaub am Genfer See und in Ligurien hat mir das Schwimmen  viel  Freude bereitet. Auch in den letzten Tagen vor dem Rennen in der  Bucht  von Alcúdia. Fast schon war ich etwas enttäuscht, wie ruhig das  Wasser  hier war (ganz anders als in Florida letztes Jahr...) Schnell  noch etwas  zur letzten Disziplin, dem Laufen. Davor hatte ich natürlich  wieder  gehörigen Respekt. Es müssen 4,5 Runden durch den Ort Port  d'Alcúdia  gelaufen werden. Eigentlich nichts außergewöhnliches, aber  wenn man sich  nicht ausreichend vorbereitet fühlt (28, 32, 24 km -  meine langen  Läufe), kann das ein sehr langes Unterfangen werden...
Race Report - Raceday! 
Als  wir morgens um kurz nach 6 Uhr das Hotelzimmer verließen, fragte ein   Gast ob ich meinen Neo dabei hätte. Ich verneinte, da gestern in der   Wettkampfbesprechung ausdrücklich gesagt wurde, dass es ein Neoverbot   gibt. Seine Antwort war, dass das Neoverbot aufgehoben wurde. Skeptisch   ging ich zurück ins Zimmer und warf den Neo über den Arm, immer noch im   Glauben heute ohne Neo zu schwimmen. In der Wechselzone angekommen,  dann  die Bestätigung "Neo legal". Ok, also sollte ne Stunde dreißig  drin  sein. Schnell das Rad mit Getränken befüllt und dann Richtung   Schwimmstart gegangen. Ich hatte noch Zeit mich einzuschwimmen und den   Start der Pro Männer um 7:30 Uhr und den der Pro Frauen 2 Minuten später   zu sehen. Meinen After Race Beutel, den Jörg für mich abgeben wollte,   sind wir leider nicht losgeworden, denn diesen durfte nur der Athlet   selber abgeben (wtf?) 
 
      
Swim
  Für mich war es bereits der zweite Rolling Start (im Gegensatz zum   Massenstart), eine Regelung, die mir als schlechtem Schwimmer entgegen  kam. Ich reihte mich in die 1:20 - 1:30 Stunde  Startbox ein. Mit  überqueren der Zeitmessmatte begann er dann auch, um  7:48 Uhr, der  zweite "längste Tag" des Jahres. Und er begann sogar  richtig gut, ich  hatte ein gutes Wassergefühl und überholte auch direkt  ein paar  Athleten. Ich hatte jedes Zeitgefühl verloren und wollte  wirklich erst  beim Landgang nach 2,4 km auf die Uhr schauen. 55 Minuten -  klingt gut,  also nur noch schnelle 1,5 km ;-) Am Ende waren die etwas  langsamer,  aber mit 1:29:35 Stunden war ich wirklich sehr zufrieden.  Bekannter  Blick in die Wechselzone, mein Rad war von weitem schon sehr  gut zu  erkennen ;-) Der Wechsel erfolgte reibungslos und so schnell es  ging.  Einen kleinen Fehler machte ich, als ich vor der weißen Linie   aufsteigen wollte (seit wann darf man denn erst nach der weißen Linie   aufsteigen?) Ok, will ich mal nicht so sein und keine gelbe Karte   riskieren ;-)
 
      
 
Bike
  Ich fahre aus der Wechselzone und überhole die ersten Athleten, auch   eine bekannte Begebenheit. Warum fahren die denn so langsam? Die Straße   ist lang, breit und flach. Nach 10 km wird es wellig. Es geht den   Schweineberg nach Arta hoch. Jetzt kenne ich ihn auch endlich, aber   warum heißt er so? Weil es sein kann, dass die Kette beim Schalten   abspringt und man vom Draufziehen schmutzige Finger bekommt? Keine   Ahnung und kein Scherz - genauso passiert ;-) Ok, ab sofort etwas   gefühlvoller Schalten. Die ersten 30 km sind geschafft und ich bin etwas  länger als eine Stunde unterwegs. Kurz vor dem Abzweig in Sineu,  bei  dem es auf eine 15 km Runde geht, steht Jörg und feuert mich an.  Diesen  Rundkurs zu fahren macht Spaß, es geht abschüssig los und nach   mehreren Wellen kommt man wieder in Sineu an. Es geht weiter Richtung   Norden, in Muro kommt man in den Genuss einiger Rampen. 90 km vergehen   fast wie im Flug, jetzt kommt ein schöner Abschnitt zwischen Alcúdia und   Pollenca, man fährt direkt an der Bucht mit Blick aufs Meer entlang.  Diese  Fahrt genieße ich sehr. 15 km später beginnt dann aber auch schon  der  Anstieg auf den Coll de Femenia. Ein Schild zeigt 7,7 km und 5,6 %  an.  Von meiner Autofahrt einen Tag zuvor, weiß ich, dass es ca. 10 km  sind,  bis es wieder bergab geht. Pünktlich zum Anstieg fängt es an zu  regnen.  Ich genieße den warmen Sommerregen. Es regnet mehr, ich genieße  es immer  noch. Ich werde überholt, aber das macht mir nichts. Es hört  auf zu regnen  als ich den höchsten Punkt passiere. Noch zwei km bis es  wieder  runtergeht. Mir ist kalt, ich fange an zu frieren. Schnell  blende ich  die Kälte aus, es geht auf die Abfahrt, glücklicher Weise  ist die Straße trocken, gefühlt wird es mit jedem Meter auch wieder  etwas wärmer. Ich  fahre die Abfahrt konzertiert und kontrolliert mit  einigen Athleten  hinunter. 120 km sind geschafft, noch zwei Stunden  denke ich mir. In  Campanet sehe ich Jörg am Straßenrand und winke ihm  zu. Kurz danach bei  km 140 fängt es wieder an zu regnen. Diesmal freue  ich mich nicht... War  doch alles grade getrocknet *grrr*, es folgt ein  überwiegend flacher  Abschnitt. Ich Klappe das Visier hoch, gebe Gas und  überhole Athleten.  Nach einer guten Stunde hört der Regen auf. Ich  fahre im Trockenen nach   6:31:27 Stunden in die Wechselzone. Auch mit  der Radzeit war ich sehr  zufrieden, ungefähr so hatte ich meine  Leistung auf dieser Strecke  eingeschätzt.
 
      
Run
Nach  8 Stunden und 13 Minuten bin ich in die Laufschuhe gewechselt. Was   denkt der gemeine 13-Stunden-Finisher da? Richtig: 4:45 Stunden  für den  Marathon! Was dann aber passiert ist, kann ich immer noch  nicht  glauben... Beim Loslaufen habe ich ein unglaubliches Gefühl, ich  fühle  mich ausgeruht und fliege über den Asphalt. Stopp! Zu schnell! Es  fällt  mir unglaublich schwer eine Pace um 5:45/5:50 zu laufen. Nach drei   Kilometern schaffe ich es. Ich mache nun das, was Jörg zur Weißglut   bringt, wenn wir zusammen laufen. Ich laufe ein gleichmäßiges Tempo, 5   km lang, 10 km lang. In Roth kam die erste kurze Gehpause bei km 13. Km   13? In Alcudia? Den gab es gar nicht. Ehe ich mich versehe passiere ich   km 15. Ich stelle mir vor, ich laufe einen Halbmarathon (so wie in   Almere vor zwei Wochen, flüssig und ohne Gehpausen) und danach laufe ich   einfach noch einen. Und tatsächlich passiere ich problemlos die 21   km-Marke nach etwas mehr als zwei Stunden. Jörg sehe ich auf dem 9   km-Rundkurs sehr oft (nicht so oft wie letztes Jahr in Frankfurt), er   hat immer die richtigen Worte auf Lager. Als ich ihm zurufe; 32 km und   ich laufe immer noch, amüsiert das nicht nur ihn, sondern auch andere   deutsche Zuschauer. Ein großer Meilenstein für mich war es die 30   km-Marke innerhalb von drei Stunden zu passieren. Wenn ich das nächste   Mal an genau diesem Wendepunkt (km 3, km, 12, km, 21, km 30...)  vorbeikommen würde, würde ich 39 km auf meiner Uhr  stehen haben und  nach drei weiteren Kilometern könnte ich ins Ziel laufen.  Was soll ich  sagen? Fast genauso war es auch. Nur gönnte ich mir auf  den letzten 1,5  Runden drei Gehpausen an den Verpflegungsstellen.  Ungefähr eine halbe  Stunde bevor ich ins Ziel einlaufe, wird es dunkel.  Nach 42,1 km wird  der Boden auf dem ich jetzt laufe auf einmal schwarz,  die "M"-dots  leuchten rot. Rechts und links im Zielkanal immer wieder der  Schriftzug  IRONMAN, ich erkenne Jörg und biege noch einmal auf die  letzten 50  Meter ab, Flutlicht, das große rote "M" auf dem Zielbogen.  Ich will  gehen, ich will genießen. Ich kann nicht gehen, ich LAUFE, ich   GENIESSE. Ich bin erleichtert. Ich bin im Ziel. Ich bin glücklich. Ich   blicke auf meine Uhr und sehe folgende Zahlen: 12:30. Ich bin  fassungslos, über die  Gesamtzeit, über meine Marathonzeit. Ich bin  heute tatsächlich einen  Marathon gelaufen, in 4:17:41 Stunden. Im  fünften Anlauf hat es nun  endlich geklappt, dass ich einen Marathon  (weit unter fünf Stunden)  gelaufen bin.
 
     
  Fazit
Ich  bin mit überhaupt keinen Erwartungen nach Mallorca gefolgen - naja  vieleicht schon mit der Erwartung unter 13 Stunden zu finishen und einen  schönen Wettkampf zum Ende der Saison zu haben. Der Renntag fing dann  direkt mit der ersten Überraschung an, neue Bestzeit beim Schwimmen -  darauf bilde ich mir aber nichts ein. Eine Stunde dreißig ist nicht der  Brüller und wäre ohne Neo auch nicht möglich gewesen. Es war schön bei  einem Wettkampf wieder im Meer zu schwimmen und diesen salzigen  Geschmack im Mund zu haben ;-) Bei der Radstrecke, die nicht wirklich  viel mehr Höhenmeter (laut Veranstalter 1.400 Meter) als Frankfurt oder  Roth hat, aber einen für mich anspruchsvollen Anstieg, wollte ich  wissen, wie ich damit klarkommen würde. Natürlich hat mich das  Hochfahren körperlich und geistig ein Stück zurück geworfen, aber dem  anschließendem Marathon hat es nicht geschadet. Natürlich habe habe ich  damit gerechnet, dass beim Marathon irgendwann der Mann mit dem Hammer  kommen würde. Er kam nicht, klar wurden die Beine am Ende schwerer, aber  Energie und Wille waren da, um das Ding im Laufschritt zu Ende zu  bringen. Kann mich mal jemand kneifen? Ich kann's immer noch nicht  glauben :-)
 
     